In memoriam France Gall ✟
Am 7. Januar 2018 starb die französische Schlagersängerin France Gall im Alter von 70 Jahren an Krebs in Neuilly-sur-Seine.
France Gall wurde schlagartig berühmt, als sie 1965 für Luxemburg beim Grand Prix Eurovsion de la Chanson Européenne das Liedchen Poupée de cire, poupée de son (Wachspuppe, ausgestopfte Puppe) trällerte. Eine große, künstlerische Leistung war das sicherlich nicht. Auf der Liveaufnahme kann man auch ohne besonders geschultes Gehör feststellen, dass die junge Sängerin stimmlich immer ein paar „Hertzchen“ außerhalb der geschriebenen Noten sang.
Man singt Pornographisches…
Textautor des Gewinnertitels bei dem Schlagerfestival in Neapel war kein Geringerer als Serge Gainsbourg – bekannt durch seinen Stöhnsong Je t’aime – moi non plus, den er mit Jane Birkin zum Schmusesong der späten 60er machte; die Mehrheit der Deutschen hatte den Text wohl nicht richtig verstanden…
Gainsbourg war Provokateur und hatte für France Gall auch ein anderes Lied – Les sucettes – geschrieben. Hier ging es vordergründig um Süßigkeiten, speziell Lutscher. Der Text ist recht zweideutig und schlüpfrig, wenn man weiß, dass das Wort auch für Oralverkehr benutzt wird. Sehr lustig ist in dieser Hinsicht auch das Video zu dem Lied, bei dem Tänzerinnen als Lollies in phallusartigen Kostümen auftreten. Gainsbourg amüsierte sich köstlich, während Gall – nachdem man dem unschuldigen Mädchen die Zweideutigkeit des Chansons verraten hatte – aus Scham für einige Zeit die Öffentlichkeit mied.
Deutsch-französische Schlagerfreundschaft
France Gall hatte auch in Deutschland Erfolg. Von 1966 bis 1972 lebte sie in Deutschland und nahm diverse, in deutscher Sprache gesungene Schallplatten auf, die auch richtige Hits wurden. Man erinnert sich noch an Zwei Apfelsinen im Haar (das gecoverte A Banda), Der Computer Nummer 3, Ein bisschen Goethe, ein bisschen Bonaparte. Sie erhielt für diese Titel Goldene Schallplatten und gewann auch Preise beim Deutschen Schlagerwettbewerb; auch von der Zeitschrift BRAVO wurde sie ausgezeichnet. Als häufiger Gast im deutschen Fernsehen verkörperte sie immer das Image des unschuldigen, französischen Mädchens.
Zurück in Frankreich
In den 70er Jahren nahm sie ihre künstlerische Arbeit wieder in Frankreich auf. Sie kam beruflich mit dem Sänger und Komponisten Michel Berger zusammen, mit dem einige Titel im Duett aufnahm und veröffentlichte. 1976 heiratete sie Berger und bekam zwei Kinder von ihm.
In den 80er Jahren konnte sie in Frankreich noch einige Hits landen, musste aber mit dem Tod ihres Mannes und ihrer 19jährigen Tochter derbe Schicksalsschläge verdauen.
1995 veröffentlichte sie das Album France mit etlichen von Berger komponierten Liedern und dem Hit Ella, elle l’a, eine Hommage an die Jazzsängerin Ella Fitzgerald. Ella hatte in Deutschland sogar mehr Erfolg als in Frankreich, was nicht so sehr erstaunlich ist, weil sich viele Fans noch an die niedliche Französin erinnerten. Inzwischen war ihre Stimme auch gereift, was vielleicht auch auf die inzwischen technisch weit fortgeschrittene Studiotechnik zurückzuführen sein mag.
Später ist es recht still um sie geworden. Einige Auseinandersetzungen gab es 2013 mit der Sängerin Jenifer Bartoli, die ein Album mit Chansons von France Gall herausgab. Bartoli veröffentlichte unter Anderem eine Version der Poupée de cire.
Schon 1993 erkrankte France Gall an Brustkrebs. Sie wurde wegen ihres künstlerischen und auch sozialen Engagements zum Ritter der französischen Ehrenlegion ernannt.
Über ihren Tod lesen wir:
„Mo.r.t de France Gall : son fils Raphaël est resté auprès d’elle jusqu’à la fin Atteinte d’un cancer, France Gall a perdu ce matin son combat contre la maladie. La chanteuse pouvait compter sur le soutien inconditionnel de son fils Raphaël, qui est resté auprès d’elle jusqu’à la fin….“
Sie starb in den Armen ihres Sohnes.